Stellungnahme zum NEKP Österreich-Begutachtungsentwurf

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Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus  
Abt. 41 Klimapolitik; Abt-41@bmnt.gv.at
Stubenring 1, A-1010 Wien

Frau Bundeskanzlerin
Dr. Brigitte Bierlein
Bundeskanzleramt, Ballhausplatz 2, A-1010 Wien post@bka.gv.at

Stellungnahme zum NEKP Österreich-Begutachtungsentwurf

Wir von Parents For Future (PFF) Oberösterreich sind ein Zusammenschluss von Eltern, die unsere Kinder in der Verfolgung der Fridays for Future Ziele einer mutigen Umweltschutzpolitik in Übereinstimmung mit dem 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens sowie einer globalen Klimagerechtigkeit unterstützen.

Das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) hat am 4. November 2019 den Konsultationsentwurf für den österreichischen Energie- und Klimaplan vorgelegt. 

Inhaltlich ist aus unserer Sicht der Stellungnahme der Vertretung der Wissenschaft im Nationalen Klimaschutzkomitee (NKK) vom 12. November nichts hinzuzufügen. Mit großer Besorgnis und Bestürzung entnehmen wir dieser Stellungnahme das Urteil:

„Dadurch haben es die Bundesregierungen 2018-2019 verabsäumt, den NEKP vor der Übermittlung an die EU bis Ende 2019 erfolgsfähig im Sinn der Pariser Klimaziele zu machen.“

Im NEKP wird als Ziel eine 36% Reduktion der THG-Emissionen gegenüber 2005 definiert. Der angemessene österreichische Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele müsste nach den uns vorliegenden wissenschaftlichen Studien jedoch bei 50% bis 2030 liegen. Wir fordern dazu auf, dass als Zieldefinition für den NEKP die 50% festgelegt wird.

Die Entwicklung des Emissionspfades 1990 bis 2019 zeigt, dass Österreich selbst für das wenig ambitionierte Reduktionsziel von 36% auf einem bereits äußerst kritischen Pfad einzuschätzen ist. Der bisher fehlende Erfolg (Emissionsreduktion) wird im direkten Vergleich mit den anderen EU-28 Ländern besonders augenscheinlich: in dieser Hinsicht gehört Österreich zu den fünf letztgereihten Ländern (gemeinsam mit Malta, Kroatien, Spanien, Zypern). Wir fordern deshalb, dass die von führenden österreichischen Wissenschafter*innen in einem umfassenden „Referenzplan“ (REF NEKP) vorgelegten Maßnahmen soweit im NEKP aufgenommen werden, dass das 50% Reduktionsziel erreicht wird. Österreich kann die Klimaziele einhalten, muss aber so rasch wie möglich einen umfassenden Transformationsprozess einleiten.

Im vorgelegten Begutachtungsentwurf fehlen uns darüber hinaus die Kosten- und Folgenabschätzung sowie eine Auflistung sämtlicher klimaschädlicher Subventionen (Mineralölsteuerbefreiung für Diesel und Kerosin, Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge, Pendlerpauschale, Gratis Zuteilung von CO2-Emissionsberechtigungen, etc.). Dies wird seitens der EU gefordert. Unverständlich ist, dass nicht auf wissenschaftliche Studien zurückgegriffen wird. So veröffentlichte beispielsweise das Österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut eine Studie zu den Subventionen und Steuern mit Umweltrelevanz. Wir fordern, den NEKP um die Kosten- und Folgenabschätzung sowie die klimaschädlichen Subventionen zu ergänzen.

Für die Erreichung der Pariser Klimaziele benötigt es einen adäquaten NEKP. Der vorgelegte Vorschlag erfüllt nicht diese Anforderungen. Wir haben kein Verständnis, dass die aktuelle Expertenregierung keine politischen Entscheidungen treffen möchte, da Nicht-Entscheiden gerade im Hinblick der Klimaauswirkungen genauso eine politische Entscheidung darstellt. Nicht-Entscheiden und Nichthandeln haben zur Konsequenz, dass weiter ungenutzt Zeit verstreicht. Dadurch wird einerseits die Zielerreichung schwieriger und kostspieliger. Andererseits werden in dieser – durch Nichthandeln verursachten – ungenutzten Zeit weiter CO2-Emissionen in unverändertem Ausmaß freigesetzt.  Im Alternativszenario der Ergreifung von im Sinne der Pariser Klimaziele erfolgsfähiger Maßnahmen würden die CO2-Emissionen früher und nachhaltiger mit entsprechend positiver Wirkung reduziert.

Wir sind gemäß Pariser Klimaschutzabkommen staatsvertraglich und der EU gegenüber unionsrechtlich verpflichtet, die Pariser Klimaziele einzuhalten. Bei Nichteinhaltung erwächst uns Schaden für Strafzahlungen von EUR 6,6 bis zu 9,2 Milliarden. Ökonomisch sind Strafzahlungen wenig sinnvoll, da diese zusätzlich zu den unvermeidbaren erforderlichen Investitionen aufzubringen sind. Zu den Strafzahlungen kommen noch zusätzlich weitere volkswirtschaftliche Kosten, die durch den Klimawandel verursacht werden. Im Brown-to-Green Report von Transparency International wird der jährliche wirtschaftliche Verlust für die G20 Länder mit USD 142 Mrd. geschätzt.

Wir von Parents For Future sehen es als eine moralische, ethische und ökonomische Verpflichtung unseren Nachkommen gegenüber, eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Bei einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter[1] werden in Österreich die Temperaturen weit höher steigen mit dramatischen Auswirkungen auf Fauna und Flora. Trockenperioden werden in fünf Mitgliedsstaaten (Brasilien, die EU, Frankreich, Italien, Türkei) der G20 zu erleben sein. Bereits jetzt sterben in den G20-Ländern jährlich 16.000 Menschen an den Folgen von extremen Wetterereignissen. Schon jetzt flüchten nach Schätzungen des UNHCR über 20 Millionen Menschen jährlich (und damit über ein Viertel aller Flüchtlinge) aufgrund von Wetterextremen. Eine Studie von 2019 der Wirtschaftsuniversität Wien zeigte auf, wie die klimawandelbedingte Zunahme an Dürren die Anzahl an Klimaflüchtlingen ansteigen lässt.

Was uns und vor allem unsere Kinder bei einem ungebremsten weiteren Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen erwartet, wird mit allen Quellenangaben unter diesem Link eindrücklich zusammengefasst. http://climatefactsnow.org/alle-fakten-in-10-minuten-erklaert/

Wir appellieren an die österreichische Bundesregierung, einen NEKP bis Ende 2019 festzusetzen,

  • der ein 50% Reduktionsziel für THG-Emissionen gegenüber 2005 bis 2030 definiert,
  • Maßnahmen mit Kosten- und Folgenabschätzungen zur glaubwürdigen Einhaltung dieses Zieles enthält,
  • eine Auflistung klimaschädlicher Subventionen inkludiert, und damit drohende Strafzahlungen verhindert, volkswirtschaftliche Folgeschäden abwendet und den österreichischen fairen Anteil für eine lebenswerte Umwelt sicherstellt.

Mit freundlichen Grüßen

Parents For Future Oberösterreich

[1] Bereits jetzt sind schon knapp über 1 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter erreicht.

Quellen:

Abel, Guy, Brottrager, Michael, Crespo Cuaresma, Jesus, Muttarak, Raya. 2019. Climate, Conflict and Forced Migration. Global Environmental Change. 54 239-249. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959378018301596

Climate Transparency – evaluation based on Arnelli et al. (2019): Global and Regional impacts of climate change at different levels of global temperature increase, Climatic Change, Vol. 155, Issue 3, pp. 377-391)

Eckstein, Hutflies, Winges (2019): Global Climate Risk Index 2019, Who suffers most from extreme weather events? Weather-related loss events in 2018 and 1998 to 2017

Entschließungsantrag betreffend Nachbesserung des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) entsprechend den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Forschung zur Erreichung der Pariser Klimaziele vom 13.6.2019

Entschliessungsantrag betreffend der Umsetzung des nationalen Energie- und Klimaplan vom 23.10.2019

IDMC (2016): Global Report on Internal Displacement 2016. Geneva: IDMC. [www.internal-displacement.org/globalreport2016/]

Kirchengast, G., Kromp-Kolb, H., Steininger, K., Stagl, S., Kirchner, M., Ambach, Ch., Grohs, J., Gutsohn, A., Peisker, J., Strunk, B. (2019): Referenzplan als Grundlage für einen wissenschaftlich fundierten und mit den Pariser Klimazielen in Einklang stehenden Nationalen Energie-und Klimaplan für Österreich(Ref-NEKP). Publizierte Version

9.9.2019,227S.CCCA:Wien-Graz.

Kirchengast, G.: 4. Stellungnahme zum NEKP – Eingabe an das NKK per 12.11.2019 Kletzan-Slamanig, Köppl: Subventionen und Steuern mit Umweltrelevanz in den Bereichen Energie und Verkehr, WIFO, Wien 2016

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