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Erster Bürger*innen-Rat im Waldviertel

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Bürger*innen-Räte sind ein bisher eher selten angewandtes Mittel der modernen Demokratie, das sich in den letzten Jahren immer mehr etabliert. Die Initiative „Wir entscheiden Klima“ setzte sich bereits mehrere Jahre für die Einrichtung eines österreichischen Klima-Bürgerrates ein, eine Forderung, die vom Klimavolksbegehren aufgenommen und nun von Parlament beschlossen wurde. Dadurch inspiriert fand am Wochenende, am 3. und 4. Juli, in Thaya ein erster Klima-Bürger*innen Rat zum Thema Mobilität im Waldviertel statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Gemeinwohl-Ökonomie Regionalgruppe Waldviertel, Parents for Future Waldviertel und die Klima- und Energiemodellregion KEM Thayaland.

Im Gemeindesaal trafen sich zwanzig Personen, um über das Thema „Mobilität im Waldviertel“ zu diskutieren und erste Vorschläge und Lösungsansätze zu formulieren. Die Veranstaltung war ein Experiment, um dieses neue Format zu erproben und gleichzeitig Vorschläge und Erfahrungen für kommende Bürger*innen-Räte zu sammeln.
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis war, dass das Konzept funktioniert und daher auch künftige ähnliche Veranstaltungen stattfinden sollen. Eine damit verbundene Forderung ist die Verankerung des Modells Bürger*innen-Rat im NÖ-Landesgesetz, wie es bereits in Vorarlberg im Rahmen einer Richtlinie der Fall ist.

Jeder Bürger*innen-Rat besteht aus mindestens drei Gruppen: den stimmberechtigten Räten, die am Ende abstimmen, verschiedene Expert*innen zum Thema, die eine beratende Funktion einnehmen, und Moderator*innen, die die gesamte Veranstaltung begleiten. Diese Funktion übernahmen Karin Neckamm und Doris Holler-Bruckner von „Powerful People“, die auch bei „Wir entscheiden Klima“ aktiv sind und über Erfahrung im Leiten von Bürger*innen-Versammlungen verfügen. Der erste Tag bestand hauptsächlich aus Vorträgen der anwesenden Expert*innen, die anschließend gründlich befragt werden konnten und über deren Aussagen ausgiebig diskutiert wurde. Dabei standen oft die eigenen Erfahrungen und die persönliche Mobilität der Teilnehmenden im Mittelpunkt. Zum Ende des Tages wurden die Themeninhalte für den kommenden Tag fixiert, wobei die Teilnehmenden eigene Vorschläge einbringen konnte.

Am Sonntag standen zwei große Themengruppen im Mittelpunkt: Das Format Bürger*innen-Rat an sich und das Thema Mobilität. Beide Arbeitsgruppen erarbeiteten Vorschläge, die sie anschließend der versammelten Gruppe präsentierten und zur Diskussion stellten.
Am Ende wurde über die einzelnen Punkte abgestimmt. Erstaunlich war, welch großer Konsens bei den meisten Inhalten erzielt wurde. So erreichten etwa die Forderungen einer CO2-Abgabe, verbunden mit finanziellen Ausgleichen für CO2-arme Mobilität, einstimmige Zustimmung, genau wie die Forderung nach einem Bahnausbau und einer weiter gehenden Förderung von Radmobilität, sowie eine verbesserte Alltagstauglichkeit und Sicherheit von Radwegen.
Besonders konkret war die Anregung der Einführung des „Mitfahrbankerls“, das eine Art organisiertes Autostoppen ermöglicht, und eine Förderung von Bedarfsfahrten. Damit wäre es E-Carsharing-Nutzern möglich, z.B. gegen Gutschrift von Freikilometern, Bedarfsfahrten für andere Personen zu unternehmen. Wichtige Punkte waren außerdem eine transparente Aufklärung und mehr Bewusstseinsbildung zum Thema Mobilitätswende für die Bevölkerung, sowie eine intelligente Raumplanung, um den bestehenden Mobilitätsbedarf zu verringern.

Der katastrophale F4-Tornado in Südmähren und die Hagelschäden in Österreich zeigen uns gerade, wie dringend notwendig handeln gegen den Klimawandel ist, um die Treibhausgasemissionen weltweit so schnell wie möglich zu senken. Österreich soll, so die Bundesregierung, bis 2040 klimaneutral werden. Die Zeit ist also knapp und das Format Bürger*innen-Rat hat sich als wirksames Mittel erwiesen, gemeinsam umsetzbare Lösungen zu finden. Die teilnehmenden Bürger*innen waren sich einig, dass dies damit möglich ist.

Kontakt: waldviertel@ecogood.org